Dirigent Kuhn strengt Unterlassungsklage gegen mutmaßliches Opfer an
Mezzosopranistin soll öffentliche Anschuldigungen unterlassen
Erl, 292.10.2018. In einem öffentlichen Brief war Gustav Kuhn, Künstlerischer Leiter der Festspiele Erl, im Juli von fünf Künstlerinnen des Machtmissbrauchs und des sexuellen Übergriffs bezichtigt worden. Nun hat der Dirigent gegen eine der fünf Verfasserinnen geklagt. Es handelt sich um eine zivilrechtliche Klage auf Unterlassung gegen die Mezzosopranistin Julia Oesch. Diese hatte nach Veröffentlichung des Briefes ihren Standpunkt in zwei Interviews erneut vertreten und ihrem ehemaligen Arbeitgeber sexuelle Gewalt und anhaltenden Machtmissbrauch vorgeworfen. Kuhn fordert sie mit der Klage nun dazu auf, derartige öffentliche Aussagen künftig zu unterlassen.
Gustav Kuhn steht seit Monaten in der Kritik: Zuerst hatte ein Blogger einen Artikel über Missstände bei den Festspielen Erl verfasst, darunter Korruption und Ausbeutung. Darauf folgend waren Anschuldigungen des sexuellen Fehlverhaltens laut geworden, zuletzt durch einen offenen Brief betroffener Frauen im Juli und eine Solidaritätserklärung mit diesen durch männliche Mitarbeiter.
Gustav Kuhn wurde am 28. August 1945 in Turrach in der Steiermark geboren. Er studierte Dirigieren bei Gerhard Wimberger, Hans Swarowsky, Bruno Maderna und Herbert von Karajan an den Musikhochschulen von Salzburg und Wien. Gleichzeitig promovierte er in den Fächern Philosophie, Psychologie und Psychopathologie. Mit 24 Jahren gewann er den ersten Preis beim Dirigierwettbewerb des ORF, zudem erhielt er die Lilli-Lehmann-Medaille der Universität Mozarteum. Von 1970 bis 1979 war er zunächst Chordirektor und Dirigent am Opernhaus in Istanbul, dann erster Kapellmeister am Opernhaus Dortmund. Zudem gründete er 1974 das Institut für aleatorische Musik in Salzburg und debütierte in den folgenden Jahren an zahlreichen größeren Häusern weltweit. Im Jahr 1979 wurde er Generalmusikdirektor in Bern, anschließend war er von 1983 bis 1985 in gleicher Position in Bonn tätig. In der Folge wurde er zum Chefdirigenten des Teatro dell'Opera in Rom und später zum künstlerischen Leiter des Teatro di San Carlo in Neapel ernannt. Seit 1987 ist er außerdem künstlerischer Leiter des internationalen Gesangswettbewerbes Neue Stimmen und hatte von 1990 bis 1994 die Leitung des Festivals in Macerata inne. 1992 gründete er die Accademia di Montegral in Lucca und 1997 die Tiroler Festspiele Erl. Parallel ist er als Regisseur und Komponist tätig; seine Kompositionen umfassen Orchesterwerke, Messen und Solostücke.
Die Tiroler Festspiele Erl wurden 1997 vom Dirigenten und Regisseur Gustav Kuhn ins Leben gerufen und haben sich seither zu einem internationalen Musikfestival entwickelt. Neben dem Hauptfestival im Sommer findet seit dem Jahr 2012 auch eine Wintersaison in einem eigens dafür errichteten Festspielhaus statt. Dieses wurde von dem Wiener Architektenbüro "Delugan Meissel" entworfen und bietet Patz für 862 Besucher. Neben dem Hauptfestival im Sommer findet seit dem Jahr 2012 auch eine Wintersaison in einem eigens dafür errichteten Festspielhaus statt.
Quelle: klassik.com